INS WEITE SCHRUMPFEN

von Katja Hensel

 

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© Markus Schmiedel

Weltweit schrumpfen Städte! Shrinking Cities sind zum Synonym für Verlassenheit, Abbruch, Leerstand und Vewahrlosung geworden. Robert ist Experte fürs Schrumpfen. Nicht nur für das der Städte. Die Ansprüche der Menschen an ihr Leben sind auf marktgerechte Rosinengrösse verdorrt. Das Stück ist ein Panorama heutiger Beziehungen und ihres Schrumpfpotentials, es beschreibt die Welttentfremdung verlassener Landstriche und ihrer Menschen. (Ankündigung der Münchner Kammerspiele anlässlich der Langen Nacht der Dramatiker 2007)
Mit Scharfsinn und Witz untersucht Katja Hensel das menschliche Bedürfnis nach dem Wesentlichen. Und da dieses offenbar im Überfluss nicht zu finden ist, konzentriert sich die Suche immer mehr auf das Verschwindende. Doch jede Konzentration hat ihren Preis. Denn die Anstrengung, lebenswerte Sinnstiftung in konsumorientierten Zeiten zu erhalten, treibt so manch seltsame Blüte.

Regie: Katja Lillih Leinenweber
Ausstattung: Jenny Wolf
Musik: Fabian Schulz
Mit: Lars Evers, Anke Jansen, Daniel Marré, Karolin Stern

Die Premiere fand im Februar 2015 am Theater am Schlachthof, Neuss statt.

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PRESSESTIMMEN


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Neuss-Grevenbroicher Zeitung vom 09.02.2015, Dagmar Kann-Coomann

„Allem voran ist Katja Hensels Stück „Ins Weite schrumpfen“ ein sprachlicher Genuss: Sarkastisch, ironisch und immer treffsicher nimmt es postmoderne Verluste in den Blick, präsentiert schlaglichtartige Einblicke in eine Welt, in der nicht nur Städte, sondern auch Menschen, Beziehungen, Bedürfnisse   so ratlos, einsam und schrumpelig geworden sind wie Luftballons, drei Wochen nach der Kinderparty hinterm Sofa. […]
Katja Lillih Leinenweber hat Hensels wundervolles Stück für das Theater am Schlachthof schön inszeniert und präsentiert mit einem guten Team einen sehr unterhaltsamen Theaterabend   fern von Flachheit und Traurigkeit. Jenny Wolfs Bühnenbild evoziert urbane Welten zielsicher mit betongrauen, verblüffend wandelbaren Kuben, und Fabian Schulz hat für die Inszenierung ein stets mittragendes und doch dezentes Sounddesign voller Dynamik und Leichtigkeit geschaffen. Daniel Marré ist sehr überzeugend und mitreißend als etwas ratloser, aber immer sympathischer Robert, ein erfrischend erfolgloser Selbstoptimierer, der zwischen seinem wachsenden Bauch und seiner schwindenden Beziehung keinen Ausweg findet und doch nie wirklich scheitert. Karolin Stern zeigt Roberts Freundin Anka frisch, ohne Pathos und zielgenau als gutmütig und doch ebenso unfähig zur Kommunikation wie Robert, eine Monade, gefangen in der kleinen Welt eigener Absichten und Hoffnungen. Eine herrlich skurrile Fitnesstrainerin, deren körperliche Stärke nicht die innere Zerbrechlichkeit verbergen kann, zeigt Anke Jansen, die gleich in mehreren Rollen brilliert, sei es als Hausmeisterin, die sich in wunderschöner Tanzeinlage in die Rolle Madonnas träumt, oder als Karrieristin, die ehrgeizig mit dem eigenen Sexappeal kalkuliert. Facettenreich ist schließlich Lars Evers, der als sprachgewaltiger Chefredakteur ebenso souverän ist wie als trauriges Trennungsopfer oder als naiver Zuwanderer Igor. Was auch immer den Figuren zustößt, für Tragik und längeres Selbstmitleid lässt ihnen Katja Hensel einfach keine Zeit, gilt es doch, pragmatisch weiterzumachen. Was sonst?“